Es ist ein skurriler Ort. Man fährt 4,5 Kilometer auf einer alten Betonplatten-Strecke, entlang von Wald und Sonnenkollektoren-Feldern. Am Ende des Weges findet man den „Konzerthangar“ mit der schönen Adresse „Zum Flugplatz“. Nebenan finden im Driving Center Groß Dölln Fahrtrainings für Auto- und Motorradfahrer statt. Abends verstummen die Motoren, und es werden feinere Töne angeschlagen. Erstmals nun auf einem C. Bechstein Konzertflügel D 282, dem Herbert Schuch und Raúl da Costa viele wunderschöne Klangfarben entlocken konnten.
Bebersee ist ein kleines, aber sehr feines Festival, bei dem sich hervorragende Musikerinnen und Musiker treffen, um mehrere Tage lang in entspannter Atmosphäre gemeinsam Kammermusik zu spielen. So eröffnete in diesem Jahr Herbert Schuch gemeinsam mit dem an der Kronberg Academy ausgebildeten Geiger Stephen Waarts und dem luxemburgischen Cellisten Benjamin Kruithof das Festival mit Beethovens „Erzherzog“-Trio, dessen unbeschwert-heiteren Charakter dieses Trio mit großer Spielfreude bestens traf. Deutlich leidenschaftlicher klingt Leos Janáceks Sonate für Violine und Klavier. Und Noa Wildschuts glühender Geigenton und der leuchtende Klavierklang des Carl-Bechstein-Stipendiaten Raúl da Costa ergänzten sich hier bestens.
Nach der Pause demonstrierte Herbert Schuch eindrucksvoll, dass er – obwohl er seine Kindheit in Rumänien verbracht hat – heute zweifelsfrei zu den besten deutschen Pianisten zu zählen ist. Er kombinierte das erste und das vierte Impromptu aus Schuberts Opus 90 mit zwei Werken der Jubilare Arnold Schönberg (150. Geburtstag) und Ferruccio Busoni (100. Todestag). Dabei erwies sich die hochvirtuose Toccata Busonis als sperriger wie das zweite der drei Klavierstücke Arnold Schönbergs, das Schuch allerdings auch in dem selten zu hörenden Arrangement von Busoni spielte. Schuch las vorab aus dem Briefwechsel zwischen Busoni und Schönberg. Letzterer war nicht allzu erfreut über Busonis Bearbeitung, weil er natürlich seine eigene Komposition für unübertrefflich hielt. Aber Busonis Überformung kann sich durchaus hören lassen, wirkt ein bisschen – wie Schuch trefflich erklärte – wie die sanfte Kolorierung einer Tuschezeichnung. Schuch spielte sein Programm höchst differenziert, mit Herz und Hirn. Und wie subtil und gesanglich er die beiden Schubert-Impromtus gestaltete, das war ergreifend schön.
Mit Severin von Eckardstein tritt in den kommenden Tagen ein zweiter bedeutender deutscher Pianist auf. Auch die Geigerin Franziska Hölscher, die Cellistin Senja Rummukainen und der neue Künstlerische Leiter des Festivals, der Bratscher Gregor Sigl, verstärken das Bebersee-Team. Und der große orangene Übertragungswagen des Deutschlandfunk wird die wunderbaren Konzerte auch jenen nahebringen, die in diesem Jahr nicht mehr den Weg auf den einstmals größten Militärflugplatz auf dem Gebiet der DDR finden können.
Fotos © Gregor Willmes
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