Katsaris läutete den Abend mit einer eigenen Improvisation ein, eine Kunst, welche ihn als komponierenden Pianisten von den üblichen Interpreten abhebt. Als Antwort auf den „dummen Krieg“, aber auch auf Repertoire-Verbote improvisierte er über Themen des ukrainischen Komponisten Sergej Bortkiewicz und des russischen Komponisten Sergej Rachmaninow. Und es war staunenswert, wie geschmackvoll und kantabel er die Themen kombinierte, virtuose Steigerungen entwickelte und eine Klangfülle aus dem C. Bechstein Konzertflügel zauberte, die begeisterte.
„Der Flügel ist absolut fantastisch“, hatte Katsaris bereits während der Probe verlauten lassen. Und in der Tat gestattete das Instrument dem Pianisten, die anschließenden Werke von Bach, Haydn, Schubert, Liszt und Chopin ungemein differenziert, klangschön und farbenreich sowie mit einer weiten Dynamik zu entwickeln. Seine lockere Technik erlaubt es Katsaris, auch dort noch persönlich zu gestalten, wo die meisten anderen Pianisten froh sind, wenn sie etwas pauschal alle Töne treffen.
Ein Höhepunkt wurde im zweiten Konzertteil Katsaris‘ Interpretation von Camille Saint-Saëns' Musik zum Stummfilm „L’Assassinat du Duc de Guise“. Das Konzerthaus mutierte zum Filmpalast, und Katsaris schuf am Bühnenrand die passende musikalische Atmosphäre für die verschwörerisch-dramatische Handlung. Nicht weniger bildhaft schließlich „Der Karneval der Tiere“, dem drei Zugaben folgten.
Weitere Gelegenheiten, Cyprien Katsaris am Bechstein zu erleben, gibt es (mit demselben Programm) am Mittwoch, 15. Juni, in der Salle Gaveau in Paris oder mit Beethovens drittem Klavierkonzert am Sonntag, 19. Juni, beim Tblisi Piano Fest in Tiflis (Georgien).